ze.tt Podcast: Über den Wolken

ze.tt Podcast: Über den Wolken

In diesem Podcast öffnen wir mit euch die Tür ins Cockpit

Über den Wolken – Was genau machen Pilot*innen eigentlich im Cockpit?

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Podcast „Über den Wolken“ von ze.tt und der European Flight Academy

Folge 2: Was treiben Pilot*innen eigentlich im Cockpit?

Moderation:

  • Mae Becker

Protagonist: -Philipp WIebe

Skript:

Mae Becker: Langstreckenflug. Wir kennen das alle: Wir haben den Trubel am Flughafen erfolgreich überstanden, steigen ins Flugzeug und suchen unseren Platz. Wir sind bereit. Unsere Reise auf einen anderen Kontinent beginnt bald. Wir sind vorfreudig und schauen aufgeregt aus dem Fenster. Während das Flugzeug langsam anrollt, denken die meisten wohl an das schöne Urlaubsziel, an die Zeitverschiebung oder daran, dass sie ihre Nagelfeile zu Hause haben liegen lassen.

Aber habt ihr euch schon mal gefragt, was eigentlich alles im Cockpit abgeht, während das Flugzeug langsam die Nase hebt? Wisst ihr, was die Piloten und Pilotinnen machen, bevor sie in das Flugzeug steigen? Kennen sich die Piloten und die Kabinen-Crew eigentlich? Sind die Freunde? Und vor allem was treiben die eigentlich die ganze Zeit da vorne im Cockpit, während ich hinten schlafe? Machen die Party und der Autopilot fliegt? Oder schlafen sie vielleicht sogar auch?

Fragen über Fragen. Und genau aus diesem Grund, spreche ich in der heutigen Folge unseres Podcasts „Über den Wolken“ mit Philipp Wiebe. Er ist seit 10 Jahren Pilot, kennt Kurz- und Langstrecken und weiß, worauf es im Cockpit ankommt. Seit einem Jahr düst er nun als Langstreckenpilot für die Lufthansa um die ganze Welt. Das heißt morgens noch in Frankfurt frühstücken, mittags dann schon im New Yorker Central Park joggen.

Ich habe mich heute mit ihm getroffen, weil ich herausfinden möchte, was eigentlich alles im Cockpit während eines Flugs passiert, von dem ich als Passagier so gar nichts mitbekomme. Und weil ich wissen will, was er unterwegs alles gern so isst.

Hallo Philipp.

Philipp Wiebe: Hallo Mae.

Mae Becker: Wenn ich nach Nordamerika fliegen will, dann finde ich mich um eine bestimmte Zeit am Flughafen ein. Ich mache den Check-in, ich boarde irgendwann das Flugzeug und dann lehne ich mich nur noch zurück und lasse die da vorne Mal machen. Ich verpasse ja eigentlich eine ganze Menge als Passagier. Passagier? Was treibst du denn jetzt zum Beispiel so vor dem Start?

Philipp Wiebe: Na, als Passagier sollst du dich ja auch entspannen, du machst alles richtig. Aber wir haben tatsächlich eine ganze Menge vorher noch zu tun, wir treffen uns auf der Langstrecke, wo ich jetzt bin, immer so eine Stunde vierzig vor der Abflugszeit und dann treffen wir in der Regel auch auf Leute, die sich meistens gar nicht so richtig kennen vor dem Flug. Und dann muss man relativ schnell versuchen, so ein bisschen ein Team zu bilden. Zuerst treffen sich die Piloten und wir machen so das sogenannte Briefing. Das heißt, wir sichten die Wetterdaten, gucken uns den technischen Zustand des Flugzeugs an, und informieren uns grundsätzlich über die Sprit-Planung und über die Wetterphänomene, die wir zu erwarten haben und am Ende dieses Briefings steht eigentlich die Beantwortung einer Frage und das ist: „Wie viel Kerosin tanken wir?“ Das ist also anders als beim Auto, wo man an einer Tankstelle vielleicht volltankt. Wir überlegen uns das sehr genau, weil jedes Kilo extra, was wir tanken, das müssen irgendwie auch mitschleppen, weil das selber ja auch Sprit verbraucht, dass wir das Flugzeug dann sehr schwer machen und das kostet dann noch mehr Sprit. Das heißt, die Entscheidung, wie viel wir tanken, das ist eine sehr sorgfältig zu treffende und das machen wir, nachdem wir uns intensiv die ganzen Unterlagen angeguckt haben. Auch ob irgendwelche Star- oder Landebahnen gesperrt sind, wie die Flughäfen unterwegs aussehen und so weiter. Das machen wir, das ist quasi so das Briefing der zwei oder drei Piloten. Und dann gehen wir rüber in einen Briefing-Raum, wo die Flugbegleiter schon sitzen. Die haben in der Zeit eher so servicerelevante Themen besprochen, also sprich: „Welches Essen gibt es? Wie viele Rollstuhlgäste oder Gäste mit Spezialmahlzeiten sind da?“ Und safety-relevante Dinge aus der Kabine gehen nochmal bestimmte Notverfahren durch wie die Evakuierung oder Feuerszenarien an Bord, alles so Dinge, von denen wir nicht wollen, dass sie passieren, für die wir aber jederzeit vorbereitet sind. Und dann gehen wir in den Raum rein und dann finden sich die Piloten mit der Kabinenbesatzung zusammen und dann besprechen wir alles, was beide betrifft und das sind so Dinge wie: „Wie lang ist überhaupt der Flug? Wann auf dem Flug könnte es turbulent werden? Wann könnten irgendwelche Wackeleien zu erwarten sein? Wie ist so die Situation unterwegs?“ Und dann fahren wir irgendwann gemeinsam los. Jetzt habe ich schon ganz schön viel erzählt.

Mae Becker: Also ich als Passagier hab‘ ja all diese Informationen gar nicht. Ich steig‘ einfach ein und klar, ich kann mich vorher mal belesen, ob’s in New York dann schneien oder regnen wird, aber sonst weiß ich eigentlich nichts. Ihr könnt aber anhand dieser Informationen den Flugverlauf schon ziemlich genau absehen und eigentlich auch wie die Landung aussehen wird, oder?

Philipp Wiebe: Ja, wie die Landung wird, wenn wir das könnten, das wär‘ schön. Also wir müssen uns natürlich sehr genau auch auf das vorbereiten, was zwischen Start und Landung liegt. Und gerade auf der Langstrecke ist es so, das war in meinen neun Jahren auf der Kurzstrecke vorher anders, also wenn man von Frankfurt nach Hamburg fliegt dann ist, sag ich mal, die grundsätzliche Großwetterlage eigentlich die Gleiche, aber das ist anders, wenn man nach Tokio fliegt. Und das ist jetzt gerade auch im Herbst, wo es auf der Nordhalbkugel irgendwie hier und da mal stürmt, jetzt haben wir schon ein paar Hurricanes dieses Jahr gehabt. Das sind alles so Großwetterphänomene, die hat man auf einem Flug von Frankfurt nach Stuttgart eben nicht. Und wenn man dann nach Tokio oder nach Los Angeles fliegt, dann sieht das anders aus. Das heißt, wir haben viele Daten in unserem Briefing-Paket, in unseren Unterlagen, mit denen wir so gut wie möglich versuchen, das vorherzusehen, auch Satellitenbilder und so weiter. Ja, wie die Landung genau wird, das entscheiden ja dann die letzten 30 Zentimeter vor’m Boden. Ganz genau, kann man das auch nicht immer sagen. Aber wir geben uns alle Mühe.

Mae Becker: Aber du hast während des Fluges dann doch noch einiges zu tun oder kannst du dich da zurücklehnen?

Philipp Wiebe: Ja, wir können gerne hier mal mit dem Gerücht aufräumen, dass man während des Fluges nur aus dem Fenster guckt als Pilot. Das können wir sehr gerne machen. Das wäre falsch zu denken, also die Erfindung des Autopiloten hat nun nicht dazu geführt, dass man irgendwie keine Piloten mehr braucht. Ich weiß auch nicht, ob ich das realistisch noch erleben würde, dass es da vorne irgendwie nur einen Piloten gibt oder gar keinen mehr oder so. Das jagt mir eher einen Schauer über den Rücken, also wir müssen da tatsächlich was tun, das sage ich nicht nur, um meinen Berufsstand zu verteidigen, sondern weil ein Autopilot auch programmiert werden muss. Also ich vergleich das manchmal ein bisschen wie mit dem Tempomat und einem Spurhalterassistenten im Auto. Wenn ich den eingebaut hab‘, würde ich auch noch nicht davon reden, dass ich jetzt blind ins Auto einsteigen kann und das fährt mich irgendwohin. Und ich glaube gerade im Flugverkehr weiß ich nicht, ob das so wünschenswert ist. Die ganzen Systeme müssen überwacht werden, der Autopilot muss programmiert werden und ich seh‘ das nicht so, dass der Autopilot mich fliegt. Also, ich würde immer noch behaupten, ich flieg‘ das Flugzeug, aber, und da muss man sich jetzt überlegen wo wir so überallhin fliegen, ein Flug nach Buenos Aires, der kann vierzehn Stunden dauern. Jeder, der vierzehn Stunden lang mit dem Auto fahren würde, würde ja auch sich freuen, wenn es eine Möglichkeit gäbe, nicht die ganze Zeit das Lenkrad auf Geradeaus mit der Hand festhalten zu müssen. Da hilft uns ein bisschen der Autopilot, das ist auch gut so und das sorgt im Endeffekt dafür, dass wir bei der Landung auch so ausgeruht und fit sind wie wir es sein müssen. Wenn wir die ganze geistige Energie schon darauf verwenden, die ganze Zeit irgendwie das Flugzeug geradeaus zu lenken, das wäre irgendwie bisschen doof und dann wären wir zur Landung nicht mehr richtig fit.

Mae Becker: Aber worauf verwendest du denn dann deine ganze geistige Energie während des Fluges? Du musst doch schon noch auf ganz andere Sachen achten als nur aufs Geradeaus fliegen, oder?

Philipp Wiebe: Ja, ja genau, das erschöpft noch nicht alles. Also, das große Problem am Flugzeugfliegen im Gegensatz zum Auto- oder Fahrradfahren ist eigentlich, nicht die Möglichkeit haben, jederzeit mal kurz rechts ranzufahren, sondern teilweise über große Ozeane fliegen oder auch ein Flug von Frankfurt nach Tokio, da denkt man der geht die ganze Zeit über Land, das wäre aber falsch zu denken, dass man da jederzeit mit einer 747 zum Beispiel überall landen könnte. Das heißt, wir müssen uns sehr genau überlegen, was wäre denn jetzt wenn. Und dieses Was-wäre-wenn-Spielchen, das machen wir eigentlich den ganzen Flug. Das heißt, die Kriterienliste, was jetzt wäre, wenn hinten jemand einen medizinischen Notfall hätte oder wenn jetzt tatsächlich ein Feuer ausbrechen würde oder ein Triebwerk ausgehen würde oder wie auch immer. Sachen, die heutzutage in der Luftfahrt de facto fast nie passieren, die müssen wir aber so behandeln, als könnten sie jederzeit passieren, damit wir dann nicht erst anfangen, uns einen Masterplan zu schmieden. Das heißt, wir wissen jederzeit sehr genau, wo wir sind und welche Flughäfen um uns herum eigentlich was können und was nicht können, wie lang die Landebahnen sind, ob das Wetter da gut ist, ob vielleicht die längste Landebahn, mit der wir rechnen, gerade gesperrt wurde. Das sind alles Informationen, die müssen wir während des Reiseflugs jederzeit haben, während du hinten sitzt und die Augen zu machst. Deswegen können wir das leider nicht.

Mae Becker: Das heißt, du hast immer deinen Plan B, Plan C, Plan D…

Philipp Wiebe: Ja, mach ruhig weiter, mach ruhig weiter. Bis F ungefähr, haha.

Mae Becker: Okay, das klingt in jedem Fall nach einer ganzen Menge Arbeit. Wie sieht denn die Arbeitsteilung bei euch im Cockpit dann aus? Ihr seid ja zu zweit oder zu dritt?

Philipp Wiebe: Also heutige Flugzeuge werden mit zwei oder drei Piloten geflogen. Die Zeiten von Flugingenieur und Funker und Navigator die kenne ich auch nur aus’m Museum. Das machen wir heute nicht mehr. Zwei Piloten sind zum Fliegen des Flugzeugs erforderlich. Alle Instrumente und Steuerorgane und Anzeigen und Displays gibt es immer doppelt und es gibt auch keinen Schalter, den es auf der anderen Seite nicht gibt, das heißt, jeder einzelne Pilot kann jederzeit auch das Flugzeug landen und man kann es von beiden Seiten fliegen. Aber ungefähr ab Flugzeiten von, ich sag jetzt mal, neun Stunden circa, bei Lufthansa ist das so, da gönnen wir uns sogar einen dritten Piloten im Cockpit. Das heißt wir sind zu dritt, zwei fliegen das Flugzeug und einer macht Ruhepause tatsächlich. Bei Start und bei Landung sind alle drei im Cockpit und passen auf und während des Reiseflugs ist immer einer in unserem kleinen Schlafzimmer im Flugzeug und ruht sich aus. Und das machen wir einfach deswegen, damit wir quasi längere Flüge machen können. Das wäre nicht zu machen, Flüge von 12, 13, 14 Stunden anzubieten und die Piloten die sitzen da bei der Landung seit 14 Stunden. Das Blöde an dem Job ist, dass das Schwierigste immer am Ende kommt. Man kann das mit der Landung irgendwie auch schwer vorziehen auf die Stelle, wann man am fittesten ist und es kommt immer kurz vor Feierabend. Und deswegen ist das manchmal ganz sinnvoll, zu dritt zu sein und dann macht man kurz mal die Augen zu, manchmal auch fast vier Stunden und dann geht das gut.

Mae Becker: Jetzt kenne ich ja aus dem Fernsehen diese Pilotenfreundschaften. Kennst du vielleicht auch noch, diese alten Serien, wo dann immer die beiden Piloten zusammen fliegen. Der Co-Pilot und der Pilot und die sind beste Freunde und retten in jeder Folge das Flugzeug.

Mae Becker: Fliegst du immer mit denselben Piloten oder Co-Piloten? Wie sieht das aus? Werdet ihr bunt durchmischt?

Philipp Wiebe: Die Freundschaften gibt es ja und nein, ein klares Jein. Die Flugschule, jetzt die Euorpean Flight Academy, bei mir hieß sie noch etwas anders. Da ist man in so quasi Klassenverbänden fast wie man das aus der Schule kennt und die Jungs aus meinem Flugschulkurs, ich hatte, leider, nur Jungs in meinem Kurs, 18, wir waren aber auch der einzige Kurs an der Flugschule damals, der nur aus Jungs bestand, und zu denen habe ich immer noch einen dicken Draht und viele wohnen auch in Frankfurt, weil wir fast alle in Frankfurt stationiert wurden und so der harte Kern, der sieht sich immer noch. Aber tatsächlich im täglichen Arbeitsumfeld, im Cockpit, da ist das wirklich so, wir haben bei Lufthansa 4,5 Tausend Piloten und die Chance, dass man da alleine in einem Jahr mal zwei Mal zusammen fliegt, das ist fast schon eine Ausnahme, also dann findet man das schon ganz lustig. Eigentlich ist das relativ durchgemischt und das ist auch okay so, das ist auch gar nicht so gewünscht, dass wir, sag ich mal, in einem System sein wollen, wo wir auf Teufel komm raus immer wieder mit demselben Piloten zusammen fliegen wollen. Dann könnte ja sowas entstehen, dass man sagt, naja in den Büchern und in den Vorschriften steht das immer so, aber wir retten ja, oder was hast du gesagt? Wir retten ja hier seit zehn Jahren fast jeden Tag zusammen das Flugzeug, wir machen das immer so, das funktioniert für uns immer ganz gut. Das wollen wir gar nicht, also wir wollen da keine Helden-Stories von zwei Top-Gun-mäßigen Jungs, die das immer so machen, wie sie das machen, aber ja nicht so wie die Vorschriften das vorsehen, das ist nicht die moderne Verkehrsfliegerei. Sondern am liebsten ist uns das, wenn zwei Piloten aufgrund der Vorschriften, die für beide gemacht wurden, zusammenarbeiten und das quasi die einzige Grundlage der Art der Zusammenarbeit ist und diese sehr sorgfältig geschriebenen Procedures und Vorschriften und Handbücher, die bilden quasi die Arbeitsgrundlage. Und dann ist es auch egal, mit wem ich zusammenarbeite. Sobald mein Gegenüber oder der Mensch neben mir irgendwas nicht so macht, wie ich es erwarte, spreche ich das ganz offen an und das erwarte ich auch, dass der das mit mir macht. Und diese Kultur, in die muss man so ein bisschen reinwachsen, aber das lernt man vom ersten Tag der Flugschule an. Dass das auch keine, keine Kritik ist, also, das ist tatsächlich anders als man das vielleicht vom Autofahren kennt, wo der Beifahrer manchmal ein bisschen nervig ist, wenn er immer genau sagt, dass die Ampel aber schon wieder gelb war und dass man jetzt mal ein bisschen mehr Abstand halten soll zum Vordermann. Im Auto kann das nervig sein, im Flugzeug müssen wir das genauso machen und dafür haben wir auch festgelegte Kommandos und Wordings und da funktioniert das ganz hervorragend. Da ist keiner beleidigt, wenn der andere einen Hinweis gibt, das ist nämlich sein Job. Es gibt tatsächlich zwei Rollen im Cockpit, das eine ist Pilot Flying, das ist der, der gerade fliegt und startet und landet und der kommandiert, dem anderen, dem Pilot Monitoring, wann er das Fahrwerk runter- und reingefahren haben will, wann die Landeklappen ein- und ausgefahren werden und so weiter. Und dieses Rollenkonzept, das tauscht dann nach dem Flug. Und auf dem Rückflug ist der andere der Pilot Flying, ganz unabhängig davon ob er Kapitän oder erster Offizier, also Co-Pilot ist.

Mae Becker: Und wenn ihr dann irgendwo gelandet seid, zum Beispiel in New York, dann ist es schon, so wie ich das jetzt verstanden habe, recht unwahrscheinlich, dass ihr dann zusammen bruncht.

Philipp Wiebe: Ja, das ist deswegen unwahrscheinlich, weil wir in New York deutlich nach einer normalen Brunch-Zeit landen, aber Abendessen, das machen wir durchaus.

Mae Becker: Okay, also das dann schon. Wenn ihr dann da vor Ort ankommt, dann kann man sozusagen auch außerhalb des Cockpits dann freundschaftlich und befreundet miteinander sein?

Philipp Wiebe: Ich wollte, was ich eben gesagt habe, mit der sachlichen Zusammenarbeit im Cockpit, nicht sagen, dass wir uns auch nur aufgrund dessen irgendwie miteinander verstehen. Also mit dem einen gibt es eine persönlichere Ebene, die total super funktioniert und mit dem anderen vielleicht auch nicht. Das Wichtige ist nur, durch das, was ich eben gesagt hab‘, ist halt sichergestellt, dass davon nicht die Flugsicherheit abhängt und das ist vielleicht der Unterschied zu einem Bürojob, wo das vielleicht schon die Stimmung im Team und auch die Arbeitsqualität beeinflussen kann, wenn zwei Leute, die sich überhaupt nicht riechen können, zehn Jahre lang im selben kleinen Büro sitzen. Und das ist durch sehr gutes Ressource-Management, wie wir das nennen, also die Art, wie man zusammenarbeitet, wie man miteinander redet, ist das sehr gut geregelt und funktioniert eigentlich ganz toll. Und ja, wir gehen sehr gerne auch mal Abendessen. Da haben alle ja das gleiche Thema, alle sind quasi ohne Verwandtschaft, Bekanntschaft, Freundin, Freund und so weiter irgendwo in einem Ort, an dem sie sonst vielleicht selber gar nicht wären. Und alle haben abends Hunger und dann gehen wir natürlich zusammen Abendessen.

Mae Becker: Zum Schluss mach‘ ich jetzt mit dir noch meine Schnellschussrunde: Ich stell‘ dir Fragen und du antwortest mir wie aus der Pistole geschossen das Erste, was dir einfällt.

Philipp Wiebe: So wird’s gemacht.

Mae Becker: So wird’s gemacht. Also, welches Ziel fliegst du am liebsten an?

Philipp Wiebe: Auch wenn wir’s eben schon im Beispiel hatten, tatsächlich New York.

Mae Becker: Und warum?

Philipp Wiebe: Da bin ich gerne, ich mag Neuengland und das muss reichen als Grund.

Mae Becker: Und was isst du dort, wenn du landest als Erstes?

Philipp Wiebe: Den Keks auf dem Nachttisch, aber dann kommt nicht lange später danach kommt der Burger wahrscheinlich.

Mae Becker: Welches Wort assoziierst du mit dem Fliegen?

Philipp Wiebe: Mit dem Fliegen? Flügel. Das ist sehr langweilig, ne? Aber ohne geht’s nicht, das müssen wir hier mal sicherstellen.

Mae Becker: Was war das Seltsamste, was dir auf einem Flug bisher passiert ist?

Philipp Wiebe: Das Seltsamste? Oder geht auch das Denkwürdigste?

Mae Becker: Beides. Geht auch.

Philipp Wiebe: Also der denkwürdigste Flug, also zwei hab‘ ich da im Kopf. Also einmal der erste Soloflug, wenn der Fluglehrer das erste Mal die Flugzeugtür von außen zumacht und man dann ganz alleine in seinem kleinen Flugzeug sitzt und ich hatte vorher nie was mit Fliegen zu tun. Übrigens nach einer Zahl von Flugstunden, die weniger ist als die Zahl als der Fahrlehrer das erste Mal die Autotür von außen zugemacht hat. Das merkt man sich und das andere ist das Landetraining. Da nimmt man ein Wochenende lang, so funktioniert das bei Lufthansa, ein Flugzeug und fliegt, und da darf man auch seine Eltern mitnehmen und so, und da fliegt man dann irgendwohin und macht dann ganz viele Landungen. Mit einem leeren Flugzeug, wo quasi keiner dabei ist und macht mindestens, bei uns warn mindestens zwölf Landungen, die jeder gemacht hat mit einem eigentlich leeren Flugzeug und das ist auch was, das haben wir damals auf Sardinien gemacht und das wird mir auch immer in Erinnerung bleiben, das war total toll.

Mae Becker: Und wo waren dann deine Eltern? Die standen unten und haben zugeguckt? Oder saßen die dann mit dir?

Philipp Wiebe: Ja, beides, beides. Und seitdem hat meine Mutter keine Flugangst mehr. Dafür war das nämlich auch gut. Wir sind selten in den Urlaub geflogen früher. Ich war immer das Kind, was nach den Sommerferien wieder in die Schule kam und sagte: „Ja, wir waren im Ferienhaus in Dänemark“, wenn alle anderen nach Mallorca geflogen sind. Also, es waren sehr schöne Urlaube, aber sie waren selten mit dem Flugzeug, weil meine Mutter das mit dem Fliegen mochte sie früher nicht so. Aber nächste Woche kommen sie besuchen, meine Mutter hat vorgeschlagen: „Wir kommen mit dem Flugzeug.“ Also das Ding ist seit dem Landetraining, 12 Mal hoch und runter, durchstarten und Startabbrüche und sonst was, das kuriert einen von jeder Flugangst.

Mae Becker: Und hast du ein Lied, das du immer im Ohr hast, wenn du fliegst?

Philipp Wiebe: Das wär‘ ja schlimm, ich muss mich doch konzentrieren, ich hab‘ doch eben gesagt, was ich alles machen muss im Reiseflug, ich kann doch auch nicht noch Musik hören.

Mae Becker: Nein, nicht hören, so ein Ohrwurm, den du im Kopf hast.

Philipp Wiebe: Achso, nein, nein, ich muss mich auf die Instrumente konzentrieren, ich kann keinen Ohrwurm haben. Aber ich sage mal ganz klischeehaft „Über den Wolken“.

Mae Becker: Und was sind die atemberaubendsten Momente beim Fliegen?

Philipp Wiebe: Also, ich würde sagen, ein Mal Polarlichter, das finde ich immer noch ganz spektakulär, das kann man ja am Boden nur an ganz wenigen Orten und ganz selten sehen, in unseren Breitengraden fast gar nicht. Das ist ganz toll. Und ganz einfach, hat man öfter, aber ist immer wieder schön in so ‘nem Kurvenflug, wenn das Flugzeug so schräg ist, aus ‘ner geschlossenen Wolkendecke aus dieser Wattedecke raussteigen und dann am besten noch romantisch in den Sonnenuntergang. Das ist immer wieder toll.

Mae Becker: Und da hast du kein Lied auf dem Ohr?

Philipp Wiebe: Doch, doch: „Über den Wolken“.

Mae Becker: Also, vielen Dank für das Gespräch.

Philipp Wiebe: Ich habe nicht „Über den Wolken“ auf den Ohren dabei. Ich weiß nicht, aber kein spezielles Lied.

Mae Becker: Ja, dann musst du dir was ausdenken, irgendwas Romantisches. Philipp Wiebe: Okay, das mache ich.

Mae Becker: Ich danke dir.

Philipp Wiebe: Sehr gerne.


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Täglich gleiten Piloten und Pilotinnen tausende Kilometer durch Wolkendecken, manövrieren hunderte Menschen durch Wind und Wetter und bringen sie sicher ans Ziel. Habt ihr euch schon mal gefragt, was sie eigentlich die ganze Zeit im Cockpit machen? Warum haben sie sich für den Beruf entschieden und was sind die verrücktesten Geschichten, die sie erlebt haben? Und was sie nach der Ankunft am Zielort eigentlich als erstes essen?

Beim Podcast „Über den Wolken“ öffnen wir die magische Tür ins Cockpit und lernen Piloten, Pilotinnen und Fluglehrer der Lufthansa Group sowie die Flugschüler und Flugschülerinnen ihrer Flugschule, der European Flight Academy, kennen. Wir räumen mit Mythen auf und erfahren wie berauschend ein Berufsalltag außerhalb des Büros sein kann.

von und mit ze.tt

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