ze.tt Podcast: Über den Wolken

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In diesem Podcast öffnen wir mit euch die Tür ins Cockpit

Über den Wolken – Nach dem BWL-Studium wurde Matthias noch Pilot

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Podcast „Über den Wolken“ von ze.tt und der European Flight Academy

Folge 3: Nach dem BWL-Studium wurde Matthias noch Pilot

Moderation:

  • Mae Becker

Protagonist:

  • Matthias Lehmann

Mae Becker: Wenn man mit der Schule fertig ist, steht man vor der schwierigen Aufgabe. Man muss sich jetzt bitte und möglichst schnell einen Beruf aussuchen. Die Entscheidung soll richtig sein und einen bitte auch das ganze Leben lang zufrieden machen. Puh. Gar nicht so einfach. Kein Wunder, dass nicht wenige Angst haben, sich für den falschen Weg zu entscheiden.

Gerade wenn man einen etwas ungewöhnlichen – und in den Augen mancher auch unrealistischen Berufswunsch hat – traut man sich vielleicht nicht sofort, diesem Wunsch nachzugehen. Pilot werden ist so ein Wunsch, der vielen irgendwie phantastisch anmutet. Er steht in einer Reihe mit Astronaut und Superheld und anderen Berufen, die man sich als Kind erträumt hat. Dabei ist er wesentlich leichter zu erreichen als die eben genannten.

Heute spreche ich mit Matthias Lehmann. Er hat sich erst relativ spät – nach dem Studium – dazu entschieden, seine Leidenschaft das Fliegen zum Beruf zu machen und doch noch Pilot zu werden. Eigentlich war das Fliegen nämlich nur eine willkommene Abwechslung neben dem BWL- und Logistik-Studium und der Arbeit in einer Spedition.

Aber irgendwann wurde die Leidenschaft so groß, dass es keinen anderen Weg mehr gab. Mit 29 hatte er seinen Abschluss in der Tasche und kann seither auf eine steile Karriere zurückblicken. Heute ist er Geschäftsführer einer der Flugschulen der European Flight Academy am Standort Rostock Laage. Hier werden die Piloten der Lufthansa Group von Morgen ausgebildet. Ich unterhalte mich mit ihm über den späten Start in den Traumberuf, die Vorteile, die es bringen kann, wenn man beim Einstieg etwas älter ist und das Fliegen in Teilzeit!

Hallo Matthias.

Matthias Lehmann: Hallo.

Mae Becker: Mit 26 hast du deine Ausbildung zum Piloten begonnen. Mit 29 warst du fertig. Sag mal, bist du damit nicht ziemlich spät dran gewesen?

Matthias Lehmann: Ja, im Nachhinein hätte man natürlich direkt nach dem Abitur anfangen können, aber ich hab mir zuerst in den Kopf gesetzt Betriebswirtschaft zu studieren und später mein Hobby zum Beruf zu machen. Und so kam es.

Mae Becker: Wer hat dich denn damals zum Fliegen gebracht?

Matthias Lehmann: Ein Freund hat mich mit zum Flugplatz genommen, wo er selbst als Hobby seine Runden gedreht hat. Und ich war sofort begeistert. Hab mich dann entschlossen, zunächst die Privatpilotenlizens zu erwerben – also als Hobby – und später wurde daraus ein Berufswunsch.

Mae Becker: Du bist also über Umwege zu deinem Traumjob gekommen. Hast du das Gefühl, dass dir deine Erfahrungen aus deinem früheren Leben – also aus dem Bereich BWL und Logistik – in deinem jetzigen Bereich irgendwie weiterhelfen?

Matthias Lehmann: Auf jeden Fall, erstens beim Fliegen selbst, bin ich natürlich mit 29 ein reiferer Mann gewesen als ich mit Anfang 20 gewesen wäre und die Tatsache, dass ich heute hier sitze in dieser Doppelfunktion – also Pilot und Geschäftsführer – wäre sicher nicht möglich gewesen, ohne diese zweite Ausbildung vornedran.

Mae Becker: Hat es dir denn auch bei den Auswahltests für die Pilotenausbildung etwas gebracht, dass du schon älter warst?

Matthias Lehmann: Im Nachhinein schwer zu sagen. Ich glaube persönlich ja, aus den eben genannten Gründen. Ich war natürlich als Persönlichkeit schon reifer und gefestigter und konnte deshalb wahrscheinlich die Psychologen besser davon überzeugen, dass ich der richtige Mann war.

Mae Becker: Glaubst du denn, dass es bestimmte Eigenschaften gibt, die jemanden ganz besonders zum Pilot sein befähigen?

Matthias Lehmann: Man muss einfach eine ausgewogene Persönlichkeit mitbringen. Schlecht ist zum Beispiel, wenn man ständig unter die Decke geht wegen Kleinigkeiten. Das wäre nicht ausgewogen. Man muss natürlich ein Grundverständnis für physikalische Zusammenhänge mitbringen. Man muss ein bisschen Kopfrechnen können, man sollte ein bisschen Englisch können. Das sind so die Dinge, die man erlernen kann. Und unterm Strich tragen viel mehr diese Begabungen in sich, als es junge Leute glauben.

Mae Becker: Du fliegst heute ja nicht mehr Vollzeit, sondern nur noch ab und zu. Wie empfindest du denn diesen beruflichen Mix? Und kannst du mir ein bisschen was über deinen Arbeitsalltag erzählen.

Matthias Lehmann: Das ist natürlich sehr abwechslungsreich. Ich kombiniere das Beste aus beiden Welten, also sowohl der fliegerischen Welt als auch der – ich nenn’s mal – kaufmännisch-administrativen Welt. Wenn ich hier in der Flugschule arbeite, das nimmt etwa 80% meiner Arbeitszeit jeden Monat ein. Dann kümmere ich mich zum einen um die betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge, die es zu beaufsichtigen gilt. Stichwort Kosten und Erlöse ausgewogen in Balance halten. Aber auch viele Personalthemen spielen da eine Rolle, Einkaufsthemen. Dann immer in Rücksprache mit unserer großen Konzernzentrale.

Und was die Ausbildung angeht, bin ich das Bindeglied so ein bisschen zwischen der wahren fliegerischen Welt und hab ein Ohr auf der Schiene und kriege mit, wenn sich in der wahren großen Linien-Fliegerei Dinge verändern und kann die dann gleich hier in die Ausbildung einfließen lassen.

Und selber dann und wann auszubilden macht auch Riesenspaß, in die leuchtenden Augen der jungen Leute zu schauen, die den Berufswunsch noch vor sich hertragen und dabei sind den zu verwirklichen und jede Anekdote, die ich erzählen kann, aufsaugen. Und sich drüber freuen können.

– Und dann bleibt immer noch ein Umlauf im Monat – nennen wir das – rund vier Tage im Monat, die ich Linie fliege für die Lufthansa Cargo. Und das macht auch dann besonders Spaß, da kann ich mich wirklich drauf freuen, weiß, in den drei oder vier Tagen bin ich nicht erreichbar und bin tatsächlich in einer anderen Welt

Mae Becker: Und was lernen die Flugschüler hier bei dir?

Matthias Lehmann: Hier speziell in Rostock Laage findet eher das Ende der praktischen Ausbildung statt. Das heißt, sie lernen hier den europäischen Luftraum erstmalig kennen, weil sie vorher in den USA ausgebildet wurden. Sie lernen hier das erste mal eine zweimotorige Maschine zu fliegen, was etwas anders abläuft als bei einer einmotorigen Maschine. Und sie kriegen hier den Feinschliff für die abschließende praktische Prüfung, die ihnen dann ein Prüfer des Luftfahrtsbundesamts abnimmt. Mae Becker: Aha. Und jetzt fliegst du ja einmal im Monat noch Lufthansa Cargo. Du fliegst die MD 11 hab ich gehört. Wieso kannst du eigentlich nicht vom Fliegen lassen?

Matthias Lehmann: Pilot wird man immer auch ein bisschen mit dem Herzen. Und die Faszination Fliegen lässt einen nie los. Auch über die Rente hinaus kenne ich viele Kollegen, die immer noch mit Kleinflugzeugen aus Spaß an der Freude rumfliegen. Und deshalb, glaub ich, kann man davon, wenn man einmal Pilot ist, so richtig nie loslassen.

Mae Becker: Und wenn du fliegst, wohin verschlägt es dich dann immer?

Matthias Lehmann: Ganz unterschiedlich. Fast alle Kontinente fliegen wir an, mit der Lufthansa Cargo. Ich persönlich bin sehr häufig in Südamerika. Aber auch in Asien und in Afrika. Ich persönlich seltener in Südamerika. Gibt es aber grundsätzlich auch. Das einzige, was wir nicht anfliegen, ist Australien – wo ich gerne öfter wäre, aber es ist leider sehr weit weg.

Mae Becker: Zum Schluss möchte ich gern noch eine Art Schnellschussrunde mit dir machen! Ich stelle dir ein paar Fragen und du antwortest, wie aus der Pistole geschossen, das erste, was dir dazu einfällt. Okay?

Mae Becker: Welches Wort assoziierst du mit dem Fliegen?

Matthias Lehmann: Faszination und tolle Aussichten.

Mae Becker: Was war das Witzigste, was du im Cargo Flug transportiert hast?

Matthias Lehmann: Das waren wahrscheinlich Zwergponies, die an den arabischen Golf gingen und die, so wurde mir zugetragen, für die Kinder eines Scheichs bestimmt waren.

Mae Becker: Und gibt es ein Lied, das du besonders mit dem Fliegen verbindest? Oder hast du einen bestimmten Ohrwurm, wenn du fliegst?

Matthias Lehmann: Beim Fliegen kann man natürlich keine Musik hören, aber ich denke immer an meinen Beruf, wenn ich Reinhard May „Über den Wolken“ höre.

Mae Becker: Und was war dein schönster Moment beim Fliegen?

Matthias Lehmann: Schön ist jedes Mal, wenn man an einem grauen Wintertag aus den Wolken sticht und in der Sonne sitzt. Schön sind auch besonders die Nordlichter aufm Nordatlantik. Also rund um den Nordpol. Es gibt ganz viele Momente und tolle Eindrücke, die man fast auf jedem Flug mitnimmt.

Mae Becker: Danke dir, fürs Gespräch.


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Über diesen Podcast

Täglich gleiten Piloten und Pilotinnen tausende Kilometer durch Wolkendecken, manövrieren hunderte Menschen durch Wind und Wetter und bringen sie sicher ans Ziel. Habt ihr euch schon mal gefragt, was sie eigentlich die ganze Zeit im Cockpit machen? Warum haben sie sich für den Beruf entschieden und was sind die verrücktesten Geschichten, die sie erlebt haben? Und was sie nach der Ankunft am Zielort eigentlich als erstes essen?

Beim Podcast „Über den Wolken“ öffnen wir die magische Tür ins Cockpit und lernen Piloten, Pilotinnen und Fluglehrer der Lufthansa Group sowie die Flugschüler und Flugschülerinnen ihrer Flugschule, der European Flight Academy, kennen. Wir räumen mit Mythen auf und erfahren wie berauschend ein Berufsalltag außerhalb des Büros sein kann.

von und mit ze.tt

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